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Wie kann man freiwillige Kündigungen wirksam verhindern? - Das sagen die Daten über 58 Faktoren!

Aktualisiert: 29. Sept. 2022

Das sind schon interessante Zeiten. Ein wiederbelebter deutscher Arbeitsmarkt mit einer zunehmenden Zahl offener Positionen, bietet vielen Menschen neue Möglichkeiten. Eine deutliche, aber eben nicht außergewöhnliche Zunahme der freiwilligen Jobwechsel lässt Beratungen und Lösungsanbieter weltweit von einer #GreatResignation sprechen. Tatsächlich zeigt sich aber, dass dies nur die Fortsetzung eines langjährigen Trends ist (HBR, 2022). Dieser Trend sieht angesichts der Corona bedingten abgeschwächten Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt des Jahres 2020 nun eben übermäßig dramatisch aus. Meine Einschätzung dazu könnt ihr gerne einer aktuellen Folge von Klartext HR entnehmen.


Auch wenn die große Resignation in Deutschland bisher klar ausbleibt, stellt sich angesichts der stetig zunehmenden freiwilligen Jobwechsel durchaus die Frage: Wie kann man freiwillige Kündigungen eigentlich wirksam verhindern?

Getreu' dem Motto von #HRDatenliebe habe ich mir die wissenschaftliche Literatur dazu angeschaut. Die gute Nachricht zuerst: JA, man kann freiwillige Kündigungen verhindern!

Wenn ihr wissen wollt wie, dann lest weiter oder schaut euch direkt die Ergebnisse der Meta-Analyse von Rubenstein und Kolleg:innen (2017) an.



58 mögliche Treiber der Kündigung standen im Fokus

Kurz vorweg: Eine Meta-Analyse ist eine Art zusammenfassende Auswertung einer Vielzahl von Primärstudien zu einem Oberthema (in diesem Fall: freiwillige Kündigungen). Wenn ihr die Methodik genauer verstehen wollt, dann zieht euch diesen Artikel rein. Die Ergebnisse von Meta-Analysen können quasi als Essenz der bisherigen Forschung zu dem Thema gesehen werden. Und genau deshalb sind sie so wertvoll.


Eine solche Analyse haben Rubenstein und Kolleg:innen (2017) zum Thema "Treiber freiwilliger Kündigungen" durchgeführt. Darin haben sie 58 mögliche Treiber in 9 Gruppen zusammengefasst (Anzahl betrachteter Faktoren in Klammern):

  • Individuelle Faktoren (15): Treiber, die eng mit der jeweiligen Person zusammenhängen (z.B. Alter, Persönlichkeit)

  • Job-bezogene Faktoren (10): Treiber, die eng mit dem jeweiligen Job zusammenhängen (z.B. Jobsicherheit, Bezahlung)

  • Traditionelle Job-Faktoren (6): Treiber, die indirekt mit dem Job zusammenhängen (z.B., Partizipation, Zufriedenheit)

  • Persönliche Bedingungen (3): Treiber, die eher generelle Einstellungen von Menschen umfassen (z.B. Coping, Engagement)

  • Organisationale Faktoren (7): Treiber, die eng mit dem Aufbau der Arbeitsorganisation verknüpft sind (z.B. Zentralisierung, Organisationsgröße)

  • Person-Kontext-Faktoren (9): Treiber, die eng mit der Interkation zwischen Person und Arbeitskontext verknüpft sind (z.B. Fit, Führung)

  • Externe Arbeitsmarkt-Faktoren (1): Wahrgenommene oder tatsächliche Zahl an alternativen Jobs

  • Rückzugs-Einstellungen (1): In Deutschland oft mit dem Begriff "innere Kündigung" umschrieben

  • Verhaltensfaktoren (6): Treiber, die eng mit gezeigtem Verhalten von Mitarbeiter:innen verknüpft sind (z.B. Fehlzeiten, Verspätungen, aktive Suche)

Nicht Purpose oder Kohle: Das sind die stärksten Treiber freiwilliger Kündigungen!

Jeder Faktor kann eine freiwillige Kündigung entweder wahrscheinlicher machen oder unwahrscheinlicher. Die folgenden 5 Faktoren haben die stärkste treibende Wirkung auf freiwillige Kündigungen (Effektstärke in Klammern):

  • Rückzugseinstellungen (+0.56)

  • Aktive Jobsuche (+0.40)

  • Fehlzeiten (+0.23)

  • Alternativen am Arbeitsmarkt (+0.23)

  • Stress/Erschöpfung (+0.21)

Die folgenden Faktoren haben die stärkste hemmende Wirkung auf freiwillige Kündigungen (Effektstärke in Klammern):

  • Allgemeine Zufriedenheit (-0.43)

  • Coping (-0.39)

  • Allgemeine Bindung (-0.34)

  • Organisationales Commitment (-0.29)

  • Fit (-0.29)

Was bedeuten diese Ergebnisse denn nun für modernes People Management?

Im Allgemeinen fällt mir auf, dass die Faktoren, die ständig in irgendwelchen Zitaten á la "People join firms, but leave leaders!" in den sozialen Medien geteilt werden, nicht unter den wichtigsten Treibern auftauchen. Die Wirkung von "Leadership" liegt im Vergleich zu dem Top-Faktoren eher im Mittelfeld (-0.24), ist aber nicht irrelevant.


Mein persönliches Fazit ist vielseitig:

  1. Richtet eure Anstrengung im Bereich People Analytics zuerst auf die wichtigsten treibenden und hemmenden Faktoren aus. Das bedeutet, dass ihr neben den Lagging-Indicators unbedingt eine fortlaufende Treiberanalyse der allgemeinen Zufriedenheit, Bindungsneigung und der Rückzugseinstellungen benötigt. Wenn ihr lesen wollt, wie das geht, dann schaut mal bei meinem kostenlosen Handbuchartikel hier vorbei.

  2. Da die stärksten Treiber/Hemmer nicht ausschließlich firmenspezifischen Faktoren sind (Coping, allgemeine Zufriedenheit, allgemeine Bindung) könnt ihr versuchen eure Auswahlverfahren im Recruiting neuer Kolleg:innen auf das Erkennen dieser Faktoren auszurichten. Versucht herauszufinden welche Kandidat:innen überdurchschnittliche Coping-Strategien aufweisen. Oder versucht einzuschätzen, welche Kandidat:in den besten Fit zur Stelle, zum Unternehmen oder zum Team aufweist. So senkt ihr bereits bei der Auswahl von Mitarbiter:innen die Wahrscheinlichkeit späterer Kündigungen.

  3. Ein paar Faktoren könnt ihr nicht direkt beeinflussen (Alternativen am Arbeitsmarkt). Es ist sogar noch schlimmer. Ihr werdet sie fördern, weil ihr eure Mitarbeiter:innen höffentlich weiterbildet. Und Weiterbildung führt zu erhöhten Alternativen am Arbeitsmarkt. Also reißt das Silo zur Development-Abteilung ein und flankiert eure Weiterbildungsmaßnahmen mit Initiativen, die auf die wichtigsten Hemmer einzahlen. Profi-Tipp: Ein unternehmensweites Weiterbildungsangebot zum Thema "Umgang mit herausfordernden Situationen und Stress" (aka Coping) ist angesichts der Ergebnisse ein "No-Brainer".

  4. Proaktive Karriereplanung ist ein absolutes Muss. Der Faktor allgemeine Bindung bezeichnet in der Studie u.a. die den Mitarbeiter:innen entgegengebrachte Loyalität bzgl. ihrer Karriereplanung. Es ist doch eigentlich recht simpel. Wenn eure Mitarbeiter:innen ihre zukünftige Entwicklung in eurem Unternehmen besser abschätzen können, dann erscheinen mögliche Alternativen deutlich unsicherer.

  5. Stellt eure gesamten Personalmaßnahmen von "Pre-Hire" bis "Retire" auf den Prüfstand. Zeigt klar und transparent auf, ob und wie jede Maßnahme auf die wichtigsten Treiber und Hemmer der freiwilligen Kündigung einzahlt. Baut die Maßnahmen aus, die eine klare Verbindung haben. Forget the rest!

  6. Richtet eure #HRTech Tools konsequent auf die treibenden und hemmenden Faktoren der freiwilligen Kündigung aus. Konkret bedeutet das: Setzt stärker auf Tools, die euren Mitarbeiter:innen beispielsweise helfen mit stressigen oder herausfordernden Situationen umzugehen oder diese nicht entstehen zu lassen.

  7. Bonus-Tipp: Sprecht miteinander. Informelle Kommunikation steigert das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Bindung. Zugleich erfährt man viel über die konkrete Arbeitssituation und kann frühzeitig unterstützen.


 
 

Additional information: This article reflects my personal views only and is not necessarily the view of the companies, I am associated with.

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