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Wie wird man für Bewerbende attraktiver? Das sagt die Auswertung von 50 Faktoren!

Aktualisiert: 29. Sept. 2022

Aktuell stehen viele HR-Teams vor vielseitigen Herausforderungen. Viele von euch berichten, dass ihr zunehmend Schwierigkeiten habt Bewerber*innen für eure offenen Positionen zu begeistern. Die so genannte "Applicant Attraction" beschreibt häufig die erste Phase eures Recruiting-Trichters und ist eine oft verwendete Erfolgsvariable des Employer Brandings. Chapman et al. (2005) definieren die Anziehung von Bewerber*innen als "die Gesamtbewertung der Attraktivität einer Stelle und/oder eines Unternehmens durch den Bewerbenden". Ich ahne was euch brennend interessiert: Wie kann man diese Gesamtbewertung positiv beeinflussen und dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sich Personen bewerben?


Die kurze Antwort: Manche Faktoren sind besonders wirksam und bieten daher einen Ansatzpunkt für eure HR Strategie! Eine Meta-Analyse von Uggerslev et al. (2012) umfasst eine Analyse von 50 möglichen Treibern. Klar, jetzt denkt ihr vielleicht: Was? Eine Studie von 2012? Die ist doch bestimmt total veraltet. Doch habt keine Sorge. Denn:

  • Meta-Analysen fassen immer den Stand der bis dahin erfolgten Forschung zusammen und ihre durchschnittliche Aussagekraft anhand wird nicht so schnell veralten, wie ihr glaubt.

  • Meta-Analysen kann tatsächlich jeder durchführen. Das heißt, wenn ihr eine Aktualisierung wollt, dass empfehle ich euch eine Kooperation mit einer Uni zur "Erneuerung" der Ergebnisse.

Die zentralen Ergebnisse dieser Meta-Analyse stelle ich euch nachfolgend zusammen.


Über 50 mögliche Faktoren zur Steigerung der Arbeitgeber-Attraktivität

Kurzer Recap zu Meta-Analysen: Solche Analysen recherchieren zunächst alle wissenschaftlich veröffentlichten Studien zu einem Hauptthema (hier: Applicant Attraction). Dann werden spezielle statistische Methoden eingesetzt, um den durchschnittlichen Effekt verschiedener Einflussfaktoren über alle gefundenen Studien zu berechnen. Der zentrale Vorteil: Die Ergebnisse können quasi als eine Art Gesamtevidenz zu allen bisher analysierten Einflussfaktoren dienen. Deutlich detaillierter und auch etwas technischer wird das in dieser Präsentation der TU Chemnitz erklärt. Die selbe Methodik liegt auch den betrachteten Studien bei meinen Beiträgen zur Verhinderung von freiwiiligen Kündigungen und den Treibern des Employee Engagements zu Grunde.


Die Studie von Uggerslev und Kolleg*innen (2012) hat sich 50 mögliche Einflussfaktoren der Applicant Attraction aus 7 Hauptkategorien angeschaut (Anzahl betrachteter Faktoren in Klammern):

  • Job bezogene Faktoren (7): Treiber, die zentrale Eigenschaften des Jobs ausmachen (z.B., Vergütung, Autonomie).

  • Organisationsbezogene Faktoren (12): Treiber, die zentrale Eigenschaften des Unternehmens beschreiben (z.B., Diversität, Image, Größe, Standort).

  • Recruiter*innenverhalten (7): Treiber, die das Verhalten der Recruitierenden kennzeichnen (z.B., Kompetenz, Freundlichkeit).

  • Recruitmentprozess-Faktoren (20): Treiber, die Eigenschaften des Hiringprozesses beschreiben (z.B., Geschwindigkeit, Fairness, Transparenz).

  • Faktoren der Passung (2): Treiber aus dem Bereich der wahrgenommenen Passung zum Unternehmen oder Job.

  • Erfolgserwatung (1): Wahrgenommene Erfolgsaussichten der Bewerbenden.

  • Alternativen am Arbeitsmarkt (1): Wahrgenommene oder tatsächliche Alternativen der Bewerbenden am Arbeitsmarkt.

Geld ist nicht alles - Die 10 stärksten Treiber sind nicht monetäre Faktoren

Bei den Ergebnissen fällt sofort auf, dass die bereinigte Korrelation zwischen Gehalt (+0.23) bzw. Benefits (+0.31) und der Applicant Attraction deutlich geringer ausfällt, als bei den wirksamsten Faktoren. Das mag insbesondere daran liegen, dass finanzielle Aspekte zumeist erst später im Hiringprozess besprochen werden. Sie wirken sich also wahrscheinlich indirekt, z.B. über die allgemeine Reputation eines Unternehmens auf die erste Funnelphase aus. Die Faktoren mit der stärksten mittleren Korrelation sind (Effektstärke in Klammern):

  • Wahrgenommener Person-Organization-Fit (+0.63)

  • Wahrgenommene Person-Job-Fit (+0.59)

  • Vermuteter allgemeiner Umgang mit Mitarbeiter*innen (+0.58)

  • Wahrgenommenes Prestige/Reputation (+0.53)

  • Vermutete Entwicklungsmöglichkeiten im Job (+0.49)

  • Vermutete Herausforderung im Job (+0.46)

  • Wahrgenommenes Image der Unternehmens (+0.45)

  • Allgemeine Qualität des Recruitingprozesses (+0.45)

  • Zwischenmenschlicher Umgang mit Bewerber*innen (+0.43)

  • Informationsgerechtigkeit (+0.42)

Spannend finde ich zudem, dass kein Faktor aus dem Bereich des Verhaltens von Recruiter*innen unter den Top 10 Treibern gelandet ist.


Was bedeuten diese Ergebnisse für eure Recruiting und People Strategie?

Die zentrale Empfehlung ist, dass ihr ganz bestimmte Fokusthemen für euren Employer Branding Content vielversprechender sind.

  1. Arbeitet für eure verschiedenen Zielgruppen spezifische Ansprachen heraus, die die Gründe für eine besondere Passung zu eurem Unternehmen oder bestimmten Jobrguppen klar benennen.

  2. Authentische Testimonials eurer Mitarbeiter*innen transportieren Informationen, wie euer Unternehmen mit den dort arbeitenden Menschen umgeht. Sprecht zudem klar über errungene Erfolge und geht mit kritischer Berichterstattung transparent und glaubwürdig um.

  3. Erarbeitet klare Karriere- und Entwicklungspfade für eure Jobgruppen und gebt so genannte Realistic Job Previews, ohne die Aufgaben schön zu reden. Geht auch auf die Herausforderungen in der neuen Aufgabe ein und zeigt auf, wie man an diesen Aufgaben wachsen kann.

  4. Befreit eure Recruitingprozesse von unnötigen Hürden (z.B., manuelle Eingaben) und informiert transparent und vorab über alle Prozessschritte der Rekrutierung. Wichtig: Auf saubere Selektionverfahren mittels validierter Eignungsdiagnostik sollte nicht verzichtet werden. Im Gegenteil könnten solche Verfahren als wichtiger Baustein eines fairen Recruitingprozesses gesehen werden.

  5. Achtet extrem auf die zwischenmenschliche Dimension eures Recruitingprozesses. Geht in den persönlichen Austausch, traut euch Absagen vernünftig zu kommunizieren und nehmt euch Zeit für die Bewerber*innen. Eine hohe eNPS unter den abgelehnten Bewerber*innen ist der Schlüssel zu nachhaltigem Recruiting über eine erhöhte Anziehungskraft der Arbeitgebermarke.

Ganz allgemein gilt zusätzlich: Intensiviert die Zusammenarbeit zwischen den Bereichen HR, Employer Branding, Communications, Talent Acquisition UND eurem jeweiligen Business. Euer Abschneiden bei den wirksamsten Faktoren zur Steigerung der Applicant Attraction wird zu einem umfassenden Teil nicht im typischen Verantwortungsbereich eures Recruitingteams entschieden.

 
 

Additional information: This article reflects my personal views only and is not necessarily the view of the companies, I am associated with.


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