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Wird uns generative KI ersetzen? Das sagen die Daten...bisher!

Jedes Mal wenn unsere innovative, menschliche Kraft ein neues künstlich Intelligentes Werkzeug hervorbringt, stellst Du Dir die gleiche Frage: "Oh Gott, wird mich dieses Ding jetzt ersetzen?"


Okay. Wenn Du Deinen Job hasst, mag die Frage vielleicht hoffnungsvoll lauten: "Oh ja! Wird mich dieses Ding endlich ersetzen?"


Man kann diese Frage auf viele Arten beantworten:

  • Philosophisch: Die Antwort auf Frage nach der Ersetzung des beruflichen Menschen liegt in der Klärung der Frage was Menschsein ist und ob das technisch ersetzbar ist.

  • Neuro-psychologisch: Die Antwort auf Frage nach der Ersetzung des beruflichen Menschen liegt in der Klärung der Frage was menschliche Intelligenz ist und ob das technisch ersetzbar ist.

  • Technologisch: Die Antwort auf Frage nach der Ersetzung des beruflichen Menschen liegt in der Klärung der Frage was künstliche Intelligenz und ob das technisch zufriedenstellend umsetzbar ist.

  • Soziologisch: Die Antwort auf Frage nach der Ersetzung des beruflichen Menschen liegt in der Klärung der Frage welche Rolle der berufliche Mensch im System Gesellschaft spielt und ob das technisch ersetzbar ist.

  • Wirtschaftlich: Die Antwort auf Frage nach der Ersetzung des beruflichen Menschen liegt in der Klärung der Frage was menschliche Arbeit genau ist und ob das technisch ersetzbar ist.

  • Ethisch: Die Antwort auf Frage nach der Ersetzung des beruflichen Menschen liegt in der Klärung der Frage was das Gute an menschlicher Arbeit ist und ob das technisch ersetzbar ist.

Wenn Du zu diesen Perspektiven vertieft einsteigen willst, empfehle ich Dir den Sonderband Zukunft der Arbeit von Antonia Surret und Jens Nachtwei. Das Teil ist kostenlos und als PDF in über 80 kurzen Artikeln sehr gut konsumierbar.


Für die Antwort auf die Ausgangsfrage erspare ich Dir hier die langwierigen Herleitungen und belasse es bei der Einordnung anhand mir bekannter Studien zum menschlichen Produktivitätseffekt durch den Einsatz generativer KI.


Kann künstliche Intelligenz menschliche Arbeit ersetzen?

Diese Frage wird am häufigsten gestellt. Sie fokussiert den so genannten Substitutionseffekt. Der beschreibt wie sehr KI in der Lage ist menschliche Arbeit zu ersetzen (aka substituieren). Die Realität ist aber komplexer (wie immer). Denn, Menschen können auch ihre Arbeit verlieren, wenn der Deplatzierungseffekt eintritt. Der besagt, dass KI dafür sorgen kann, dass Arbeit an einem anderen Ort benötigt wird als zuvor. Diesen beiden Effekten wirkt der Komplementaritätseffekt entgegen. Der besagt, dass neue Tätigkeiten entstehen, wenn KI eingesetzt wird. Ein aktuelles Beispiel ist das Prompt Engineering. Für alle Tätigkeiten müsste man also den Nettoeffekt berechnen, um zu beschrieben, ob ein Beruf, basierend auf den darin gebündelten Tätigkeiten, ersetzt wird.


Eine frühe Studie von Frey und Osborne (2017) hat sich mit dem Automatisierungsrisiko durch KI allgemein befasst. Dabei wurden die Tätigkeitsbündel hinter den Berufen einer großen US-amerikanischen Datenbank genutzt. Diese wurden von Experten auf ihr Automatisierungspotenzial (nur Substitution) beurteilt. Die Methodik liegt auch der Webseite "Will Robots Take My Job?" zu Grunde. Das Automatisierungsrisiko von Programmierenden liegt demnach bei 52% und die Schätzung der zukünftigen Nachfrage wird zudem auf ca. -10 % bis 2031 angesetzt (siehe Screenshot).

Acemoglu und Restrepo (2020) haben sich auf Basis von Arbeitsmarktdaten mit einer ähnlichen Frage beschäftigt. Sie schauen sich an, ob die Einführung von industriellen Robotern im Nachgang zu einem Rückgang and Arbeitsnachfrage und Lohnniveaus geführt hat. Das Ergebnis: Ja. Pro eingesetztem Roboter sinkt die Nachfrage nach menschlicher Arbeit und die Löhne in den meist davon betroffenen produzierenden Berufen.


Felten und Kolleg*innen (2023) haben sich auf die Auswirkungen von Large Language Models auf verschiedene Berufsgruppen konzentriert. Dabei meint "Auswirkung" nicht "Ersetzen". Daher darf man die Ergebnisse nicht als Nachweis für die Substitution sehen. Sie finden 20 Jobs, die besonders vom Einsatz großer Sprachmodelle wie ChatGPT "beeinflusst werden" (siehe rechte Seite der Abbildung). Ein spannendes Ergebnis hier: Berufe mit höheren Löhnen sind mit höherer Wahrscheinlichkeit von Large Language Modellen betroffen.

Mein Zwischenfazit zur Auswirkung von KI auf unsere Jobs

Wenn ich mir die zitierte Literatur anschaue, würde ich den wahrscheinlichen Einfluss von KI auf Berufe wie folgt zusammenfassen:

Ein hoher Anteil von Berufen wird von KI und insbesondere generativer KI beeinflusst werden. Wenn in der Vergangenheit KI-basierte Roboter eingesetzt wurden, hat das zu einem leichten Rückgang der Nachfrage nach menschlicher Arbeit geführt und die Löhne leicht sinken lassen. Neue Jobs wurden geschaffen. Diese aber nicht zwingend am selben Ort.


Werden wir durch KI produktiver?

Zu dieser Frage gibt es bereits erste Studien, die sich mit den konkreten Produktivitätseffekten von generativer KI in ganz bestimmten Berufsgruppen befassen. Du könntest jetzt fragen, was das mit der Ausgangsfrage zu tun hat. Die Antwort ist simpel. Wenn KI uns produktiver macht, braucht es weniger Menschen für die selbe Produktivität.


Eine Studie von Noy und Zhang (2023) analysiert die Produktivitätswirkung von ChatGPT auf Menschen mit Schreibtätigkeiten. Es handelt sich um einen randomisierten kontrollierten Trial (RCT Studie). Das ist sowas wie der heilige Gral der Kausalanalyse. Eine Gruppe von 444 Menschen wurde auf Zufallsbasis hälftig mit ChaGPT ausgestattet und erhielt eine Reihe von Schreibaufgaben (Editierung, Korrektur, Überarbeitung, etc.). Die andere Hälfte hat ohne KI-Unterstützung die selben Aufgaben erhalten. Das klare Ergebnis: Die Gruppe mit GPT-Support hat die Aufgaben deutlich schneller und in deutlich höherer Qualität erbracht (siehe Grafik).

Peng und Kolleg*innen (2023) haben ebenfalls eine RCT-Studie, allerdings für Programmierende, durchgeführt. Die Aufgabe war die Programmierung eines HTTPS-Servers in Javascript, eine Basisaufgabe für Programmierende. Auch hier hat ein Teil der Personen zufällig ausgewählt die generative KI "GitHub Copilot" nutzen dürfen. Der andere Teil nicht. Das Ergebnis war auch hier, dass die Personen mit KI-Unterstüztung deutlich schneller waren (siehe Abbildung).

Brynjolfsson et al. (2023) haben eine RCT-Studie unter über 5.000 Call-Center-Mitarbeitenden durchgeführt. Das Ergebnis war auch hier, dass die Gruppe der Menschen, die KI-Unterstützung hatten, produktiver waren. Sie haben 14% mehr Kundentickets pro Stunde erledigt und zugleich eine höhere Kundenzufriedenheit erreicht.


Dell'Acqua und Kolleg*innen (2023) haben eine sehr coole RCT-Studie mit der Boston Consulting Group durchgeführt. Zieh' Dir das rein. Die haben über 700 BCG-Berater*innen zufällig in eine von drei Gruppen eingeteilt und die selben beratungstypischen Aufgaben erledigen lassen. Die eine Gruppe hatte keinen Zugriff auf ChatGPT. Die andere Gruppe hatte Zugriff auf GPT-4. Die dritte Gruppe hatte Zugriff auf GPT-4 und Hinweise zum Prompt-Engineering. Das Ergebnis war auch hier, dass die Gruppen mit GPT deutlich schneller und mit deutlich höherer Qualität arbeiteten (siehe Abbildung).

Doch das Bild ist komplexer. Denn weitere Analysen der Autor*innen zeigen, dass dieser Effekt vor allem für Tätigkeiten innerhalb der Kompetenz der Berater*innen existiert. Für Tätigkeiten außerhalb ihrer Fähigkeitsgrenze ist der Einsatz von KI sogar negativ.


Was bedeuten diese Studien für die Frage nach KI und menschlicher Berufe?

Mein persönliches Fazit ist, dass sich in allen mir bekannten Studien ein klarer Produktivitätsgewinn von mindestens 10% bis manchmal 40% einstellt. In vielen Fällen steigt auch die Qualität der Arbeitsergebnisse. Das bedeutet, dass viele Menschen und deren Unternehmen vom Einsatz generativer KI sehr wahrscheinlich profitieren würden. Meine klare, datenbasierte Empfehlung ist daher:

  • Lasst eure Mitarbeitenden mit großen Sprachmodellen experimentieren

  • Bildet sie im Prompting aus und gebt ihnen die Zeit das Gelernte anzuwenden

  • Analysiert den Einfluss von LLMs auf eure verschiedenen Jobprofile

  • Kommuniziert klare Regeln bzgl. Cybersecurity und Datenschutz

Wenn Du Dich zugleich fragst: Okay, Daniel. Irgendwie verständlich. Aber wird das nicht zu einem Abbau von Stellen führen?


Meine Antwort: Die Welt braucht deutlich mehr Code. Diese Ergebnisse sagen ja nur, dass wir unsere Aufgaben schneller erledigen können. Wir haben ja noch viel Platz bei Produktivität und Digitalisierung. Insbesondere im Bereich Programmierung kann dieser Produktivitätszuwachs dazu führen, dass die gleiche Anzahl Menschen bis zu 40% mehr Code schrieben kann. Das ist eine richtiger Boost für die Digitalisierung von Unternehmen.


Und noch was!


Das bedeutet aber auch, dass sich diese Studien als wissenschaftlich-fundierte Grundlage für aktuelle Diskussionen rund um die 4-Tage-Woche eignen. Viele sagen aktuell, dass die 4-Tage-Woche einen weitere Produktivitätsrückgang bei vollem Lohn bedeutet. Diese Studien weisen darauf hin, dass die Produktivität in manchen Berufsgruppen die gleiche bleiben kann.


Also: Speichere Dir den Link zu diesem Artikel. Du kannst ihn jedes mal als Kommentar unter die negativen Posts zur 4-Tage-Woche tackern.

 

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Additional information: This article reflects my personal views only and is not necessarily the view of the companies, I am associated with.


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