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Zu alt! Das Ageism-Problem am Arbeitsplatz

Leute, wir müssen dringend über Ageism reden. Als ich kürzlich zum Thema Diskriminierung gegenüber Müttern im Recruiting einen LinkedIn-Post rausgehauen habe, ging das Ding direkt viral. Dabei fiel mir etwas anderes auf. In den Kommentaren machten viele Menschen eine Sache deutlich. Wenn Du über 50 bist, scheint die Jobsuche auch kein Zuckerschlecken zu sein.

Ein Screenshot von einem LinkedIn-Post von Thomas Gass mit einem Foto auf dem steht: "Wenn Menschen 50plus mit vielfältiger Berufserfahrung, mehr Absagen oder ausgestellt werden, wie Einladungen erhalten, ist der Fachkräftemangel nicht schmerzhaft genug!"
Der Beitrag zu Ageism von Thomas Gass

Dann hat Thomas Gass meinen Post aufgegriffen und über "Menschen 50plus" gepostet. Und der Post ging auch komplett durch die Decke. Da stellten sich für mich zwei zentrale Fragen:

  • Wie können wir es uns mit unserer demographischen Entwicklung leisten Mütter und Menschen über 50 (oder insgesamt ältere Menschen) zu benachteiligen?

  • Was sagen die Daten der Wissenschaft zu Ageism am Arbeitsplatz?


Und genau mit dieser zweiten Frage habe ich mich in diesem Blogbeitrag befasst. Also, ab geht die Fahrt durch ausgewählte Studien und Meta-Analysen.


Was ist Altersdiskriminierung (auch Ageism genannt)?

In der Literatur wird zwischen Altersstereotypen und Altersdiskriminierung unterschieden. Altersstereotype sind generelle Überzeugungen, die Menschen gegenüber einer Altersgruppe haben. Manche dieser Überzeugungen können mit Blick auf die gesamte Gruppe älterer Menschen korrekt sein. Zum Beispiel ist es generell korrekt, dass die physische Körperkraft im Alter abnimmt. Das bedeutet aber nicht, dass jede einzelne ältere Person physisch schwächer ist, als jeder jüngere Mensch. Das Problem entsteht also, wenn die allgemeinen Überzeugungen über eine Gruppe von Menschen (hier: ältere Menschen) als Basis für eine Meinung über einen einzelnen älteren Menschen genutzt werden. Im Kontext Arbeit wäre das der Fall, wenn ein Mensch anhand des Alters implizit in Leistungskategorien eingeteilt wird, anstatt anhand der tatsächlichen Fähigkeiten und des Leistungsverhaltens. Altersdiskriminierung tritt dann auf, wenn diese Stereotypen in Aussagen oder Handlungen systematisch offensichtlich werden. Konkret: Wenn man eine Person auf Basis des Alters nicht befördert oder einstellt.

 

Wichtiger Einschub: Es handelt sich auch um Diskriminierung, wenn ältere Menschen ohne böse Absicht systematische benachteiligt werden. Das nennt man statistische Diskriminierung. Diese ist für die Betroffenen vom Ergebnis her genauso schädlich. Von der Ursachen her aber nicht boshaft oder absichtlich erzeugt.

 

Macht euch bitte klar, dass Altersdiskriminierung auf Basis des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes offiziell verboten ist. Richtig, genau deshalb ist es so wichtig die Daten zu befragen, ob es sie denn tatsächlich gibt. Also her mit den Daten 🤖👉📊


Gibt es Altersdiskriminierung im Personalmanagement?

Es gibt eine Reihe von publizierten wissenschaftlichen Studien zum Thema Ageism am Arbeitspplatz. Bereits 1995 untersuchten Finkelstein und Kolleg*innen wie sich Stereotype auf die Beurteilung von älteren Menschen am Arbeitsplatz auswirken. Ihre Meta-Analyse zeigte, dass junge Menschen dazu neigen ältere Menschen schlechter zu beurteilen als junge Menschen. Die Autor*innen führten das hauptsächlich auf den In-Group-Bias zurück, bei dem Menschen, die einer Gruppe angehören, Menschen aus anderen Gruppen negativer einschätzen. Jahrzehnte später kommt eine Meta-Analyse von Bae & Choi (2022) zu ähnlichen Ergebnissen. Mit zunhemendem Alter nehmen die diskriminierenden Zuschreibungen oder Einstellungen gegenüber Menschen zu. Jüngere Menschen waren dabei besonders hart in der Beurteilung älterer Menschen.


Ähnliche Ergebnisse trägt auch die Meta-Analyse von Bal und Kolleg*innen 2011 zu Tage. Sie analysierten alle Labor- und Feldexperimente, die sich mit dem Thema Altersdisrkiminierung bei der Personalauswahl, der Beförderung, der generellen Beurteilung, sowie der Zuschreibung von sozialen Fähigkeiten und Zuverlässigkeit befasst haben. Sie zeigten, dass das Alter negative Effekte auf die Wahrscheinlichkeit zur Beförderung, des Recruitingerfolgs, der positiven Gesamtbeurteilung und die Zuschreibungvon sozialen Fähigkeiten hat. Allerdings zeigte sich auch, dass eine positive Korrelation besteht. Ältere Menschen werden als zuverlässiger wahrgenommen.


Erneut ca. 10 Jahre später und die Meta-Analyse von Batinovic und Kolleg*innen (2023) liefert klare Evidenz für Ageism im Recruiting. Im Vergleich zu 29-35 Jahre alten Menschen, erhalten Menschen in den Altersgruppen 40-49 Jahre, 50-59 Jahre, 60-65 Jahre und über 65 Jahre signifikant weniger Rückrufe durch Recruiter*innen. Ja, der Bias gegen ältere Menschen beginnt bereits vor 50.


Auf Basis dieser Evidenz würde ich es als erwiesen ansehen, dass es Ageism, also Altersdiskriminierung in verschiedenen Varianten innerhalb relevanter Personalprozesse (z.B., Recruiting, Beförderung) gibt. Die innerhalb der Meta-Analysen betrachteten Studien kamen aus verschiedensten Ländern. Daher sehe ich keinen Anlass anzunehmen, dass Ageism ein rein regionales Phänomen ist. Es könnte auch sein, dass insbesondere junge Menschen im Durchschnitt zu stärkeren Stereotypen gegenüber älteren Menschen neigen.


Was könnt ihr gegen Altersdiskriminierung tun?

Ich habe zwei Meta-Analysen gefunden, die sich mit der Wirksamkeit von Interventionen gegen Ageism befassen. Eine Meta-Analyse von Burnes und Kolleg*innen (2019) gibt Anlass zur Hoffnung. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Interventionen (e.g., Trainings, gemischte Teams, oder beides) tatsächlich Altersdiskriminierung verringern können. Sie reduzierten vor allem negative Einstellungen oder Denkmuster. Am wirksamsten war der kombinierte Einsatz von Trainings und gemischten Teams in direkter Reduktion negativer Denkmuster oder Überzeugungen gegenüber älteren Menschen. Eine andere Meta-Analyse von Apriceno und Levy (2023) zeigt das gleiche Muster. Kombinierte Interventionen aus Training und inter-generationalem Kontakt zeigen die größte Wirkung zur Verringerung altersdiskriminierender Überzeugungen bei Menschen.


Ein persönlicher Tipp zum Schluss: Nehmen wir an, dass es tatsächlich zutrifft, dass junge Menschen stärkere negative Überzeugungen gegenüber älteren Menschen haben. Dann wäre es extrem sinnvoll, wenn wir insbesondere im Recruiting mit gemischt-alten Teams arbeiten. Dazu muss aber erfolgen, dass:

  • die Position des Junior Recruiter (w/m/d) nicht immer als Einstiegsposition ins HR genutzt wird.

  • das jungen Recruiter*innen ältere Mentor*innen zur Seite gestellt werden


Und auch hier ist wichtig: Nur weil die Daten darauf hindeuten, dass jüngere Menschen vielleicht negativere Einstellungen gegenüber älteren Menschen haben, bedeutet das nicht, dass das auf jeden jungen Menschen zutrifft. Das wäre ja auch ein Altersstereotyp. Und die mögen wir ja nicht.

 

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