Eigentlich steht mein zentraler Lernmoment in großen Lettern an der Messewand des OMR Festivals 2022:
"I'm not a business man, I am the business, man!" (Jay-Z)
Wenn sich die Nutzung immer intelligenterer Technologie fortsetzt, wird Arbeit noch mehr zur Wissensarbeit und Mitarbeiter:innen zu den zentralen Wissensträger:innen. Business ist zukünftig über klug genutztes kollektives Wissen nachhaltige Wettbewerbvorteile zu erlangen. Mehr denn je werden diese Wettbewerbsvorteile aus stringend umgesetzten Wissensvorsprüngen und Neukombinationen überlegener Informationen bestehen. Und beides steckt im Grunde in den Köpfen unserer Mitarbeiter:innen. Wissen will in Produkte und Services oder gleich in digitale Ökosysteme und Plattformen gegossen werden.
Theoretisch rücken die Personalbereiche von Unternehmen damit noch stärker in den Fokus. Wenn sie sich denn bewegen. Denn praktisch müssen sie diese Rolle auch proaktiv annehmen und mit Blick auf eine klare Vision umsetzen. Sie könnten:
DIE People Champions sein
DIE besten People Workflows gestalten
ein Unternehmen zum Magneten für Talente aus aller Welt machen
ihre People Data verknüpfen, auswerten und verstehen.
Das People Motto müsste doch lauten:
"I am not a peoples' man, I am the people, man!" (#HRDatenliebe)
Doch was bedeutet das konkret mit Blick auf die Marketing-Trends, die ich spannend auf dem OMR Festival 2022 beobachtet habe. Was kann HR vom digitalen Marketing lernen?
1. Guided-Selling:
Im Marketing werden alle Technologien auf den Markt gerichtet und sollen aus verschiedenen Richtungen potenzielle Käufer:innen zu echten Käufer:innen machen. Das zentrale "HR-Produkt" ist der "Arbeitsplatz bei einem Arbeitgeber". Guided Selling würde bedeuten, dass wir alle Technologien aus den Bereichen #PeopleAnalytics, #JobAdvertizing, #EmployerBranding, #Automation, #Conversational, #Content, #Inbound, #Outbound, #Sourcing etc. auf dieses Produkt und dessen Points of Sale ausrichten. Dabei steht die bestmögliche Unterstützung von Menschen beim Finden des passenden Jobs, der Entwicklung in diesem oder einem neuen Job, sowie dem Halten des Jobs im Vordergrund. Unser Fokus - über alle Silos hinweg - muss dem erfolgreichen Verkaufsabschluss und den daran anschließenden Aftersales dienen. Jeden Tag. Jede Woche. Jeden Monat. Jedes Jahr.
2. Customer Intent und Customer Understanding:
Ich habe eine Menge an Marketing Tech gesehen, die dabei hilft den Kunden und dessen Bedürfnisse und Intentionen zu verstehen und bestenfalls sogar zu antizipieren. Dazu werden Daten aus unterschiedlichsten Quellen verknüpft, um ein Bild typischer Kundengruppen zu zeichnen und daraus hilfreiche Ableitungen zu treffen. Das Ziel ist die konsequente Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen. Für #HR würde das bedeuten, dass man mit Hilfe umfassender #PeopleAnalytics versucht den Menschen in und im Umfeld von Unternehmen "zuzuhören". Und zwar nicht, um Sie dann direkt anzusprechen, sondern erstmal nur um sie und ihre Lebensrealitäten zu verstehen. Mit diesem Wissen wird dann personalisierter Content rund um eine fein abgestimmte Arbeitgebermarke aufgebaut. Kein Sprint…ein Marathon!
3. A/B-Testing:
Gefühlt jeder 5. Stand umfasste Tools mit Features zum so genannten A/B-Testing. Das heißt, dass Content, Produkteseiten, Webshops oder andere Inhalte in zwei verschiedenen Versionen oder Designs ausgespielt werden. Anhand des Klick- und Kaufverhaltens der Kunden lernt man dann welche Version besser funktioniert. Diese wird dann nachfolgend skaliert. Im #HR könnte das bedeuten, dass man die physischen, technischen, ökonomischen sozialen Komponenten des Arbeitsplatzes in verschiedenen Versionen "bewirbt"und über die Zeit lernt, welcher Komponentenmix mit welcher Zielgruppe am besten funktioniert. Das würde intern und extern erfolgen und gemäß des jeweiligen Erfolgs dann auf die gesamte Zielgruppe skaliert. Das würde aber auch bedeuten, dass die von uns eingesetzten Personalmarketing und Employer Branding Tools A/B-Testing erlauben müssen. Ich sehe noch zu wenige Softwareprodukte, die über solche Features verfügen.
4. Conversational Tech:
Ein großer Anteil der angepriesenen Technologien dient dem (teil-)automatisierten Dialog mit potenziellen Kunden. Sehr realistisch wirkende virtuelle Agenten mit erstaunlichen Fähigkeiten zur Verarbeitung und Wiedergabe natürlicher Sprache interagieren mit Webseitenbesucher:innen. Das hauptsächliche Ziel ist hier nicht der direkte Verkaufserfolg, sondern die Sammlung von "weichen Daten" (z.B. über Werte, Weltanschauungen, Bedürfnisse, Vorlieben). Diese werden dann zur besseren Ausspielung relevanter Produkte genutzt. Im #HR beschränkt sich die Nutzung solcher Technologien bisher auf den sporadischen Einsatz mehr oder weniger smarter Chatbots. Und der entscheidende Unterschied liegt in der Zielsetzung. Wir im HR versuchen über Chatbots Teilprozesse zu automatisieren. Dabei könnten diese Technologien auch eingesetzt werden, um unsere Zielgruppen besser zu verstehen. Da sehe ich noch viel Potenzial. Im digitalen Marketing wird die Integration verschiedenster Datentypen aus unterschiedlichsten Datenquellen deutlich verstärkt. Das erklärte Ziel ist ein umfassendes Verstehen des potentiellen Kunden durch die umfängliche Auswertung aller verfügbaren Daten über die verschiedenen Zielgruppen. Da steht das People Management aus meiner Sicht noch am Anfang der Reise vom "Continuous Listening" zum "Continuous Understanding"!
5. Hybrid-Advertizing:
Das Team von OMR macht es vor. Erfolgreiches digitales Marketing verschließt sich nicht gegen analoge Kommunikationskanäle. OMR verbindet analoges und digitales Marketing zur Erzeugung eines sogstraken Hypes. Im Bereich des Employer Branding kann diese hybride Strategie auch exzellent funktionieren. Ich nehme in letzter Zeit immer häufiger analoge Werbung für Arbeitgebermarken mit digitalem Einstiegspunkt wahr (z.B. analoge Out-of-Home Medien mit QR-Code, Plakatierungen entlang Autobahnen/ Nahverkehrsstrecken). Ich bin überzeugt, dass das Potenzial analoger Werbung für offene Stellen (z.B. an hoch frequentierten Radwegen und Straßenkreuzungen) noch lange nicht ausgeschöpft ist. Insbesondere, wenn man sich von der Masse der Werbung für offene Stellen auf den digitalen Plattformen abheben will und seine Zielgruppen verstanden hat.
Das waren die 5 Dinge, die HR und modernes People Management von digitalem Marketing lernen kann.
Was sind eure Eindrücke und Meinungen zur Frage, was #HR vom #Marketing lernen kann? Schreibt mir gerne!
Additional information: This article reflects my personal views only and is not necessarily the view of the companies, I am associated with.
Hi Daniel, spannende Gedanken und Analogien, die du da ziehst! Ich habe neulich auch die Erfahrung gemacht, dass das Marketing bzw. der Vertrieb an vielen Stellen weiter ist als wir es in HR sind und das bezog sich sogar explizit auf die Frage, wer sich eigentlich für uns als Arbeitgeber interessiert. ;-)
Bei deinem 3. Punkt, A/B Testing, bin ich aber leicht anderer Meinung. Grundsätzlich gebe ich dir absolut Recht, dass A/B Testing ein sinnvoller Ansatz ist, da man die Art und Weise, wie ich etwas für meine Zielgruppe gestalten muss, teilweise nicht logisch vorhersehen kann. Jetzt kommt das Aber: ich glaube, dass A/B Testing in HR - allen voran etwa im von dir angedachten Personalmarketing, z.B. bei der Gestaltung von…